Die Wohnanlage Arthur-Hoffmann-Straße be- herbergt einen echten Kulturschatz. Kein Ge- mälde oder wertvollen Schmuck, sondern ein Stück gelebte Wohngeschichte. Es handelt sich um eine Kaltmangel, auch Wäschemangel oder Wäscherolle genannt. Kaltmangeln wurden im vorigen Jahrhundert eher in gewerblichen Betrieben oder privat in Nebengebäuden oder kollektiven Einrichtun- gen betrieben. Doch auch den Einsatz im so genannten Waschhaus bei Wohnungsgenos- senschaften oder in Wohnsiedlungen gab es. Viele sind im Laufe der Jahre verschwunden oder ins Museum gekommen. Jene aber im Leipziger Süden ist noch in Betrieb und wird von einigen Mitgliedern gerne genutzt. Inge Lucke kennt eine Mangel von Kindesbei- nen an: „Ich bin hier in der Gegend groß ge- worden. Da gab es in der Nachbarschaft eine Kaltmangel und ich habe meine Mutter öfter begleitet.“ Vor vier Jahren, nach dem aktiven Berufsleben, kehrten die Luckes nach Leipzig zurück. Die Überraschung war groß, als Inge Lucke die Mangel unmittelbar vor ihrer Haustür sah. „Ich erkundigte mich in der Nachbarschaft und stieß schnell auf das Ehepaar Heinze, das sich seit Jahren um alle organisatorischen Din- ge mit der Kaltmangel kümmert.“ Seit dieser Zeit nutzt sie einmal im Vierteljahr das aus den 1920er Jahren stammende Gerät. „Am besten“, so verrät Inge Lucke, „eignet sich die Mangel zum Glätten von Baumwolle, vor- zugsweise Bettbezüge, Geschirrtücher oder Tischwäsche.“ Trockene oder mäßig feuchte Wäsche wird in die Mangeltücher aus Leinen um so genannte Holzwangen gewickelt. Dabei handelt es sich um große Holzrollen, die links und rechts ähn- lich einer Teigrolle Griffe haben. Die Wangen werden von vorne in die Maschine gelegt. Zwei wechselseitig öffnende Schutzgitter sorgen für Sicherheit, wenn die etwa 500 Kilogramm schwere, mit Steinen befüllte Holzkiste die Holzwangen dreht und die Wäsche kalt presst. Der Mangelprozess funktioniert elektrisiert automatisch. Allerdings kann durch eine Kurbel auch von Hand eingegriffen werden. Etwa fünf Minuten benötigt die Maschine, bis sich das Schutzgitter wieder öffnet und die Wangen ent- nommen werden können. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Fasern der Wäsche sind verfestigt und der Stoff erhält neuen Glanz. Inge Lucke ist überzeugt: „Das bekommt man mit dem Bügeleisen so nicht hin.“ Neben der Wäschemangel selbst befindet sich in dem Trockenraum noch ein entsprechender Tisch mit einer Vorrichtung, in die die Holzwan- gen eingehangen werden. So kann die Wäsche besser in das Leinentuch gelegt bzw. nach dem Mangeln wieder herausgenommen werden. 1,60 Euro die Stunde kostet die Nutzung des Gerätes. Der Großteil dafür ist für den benötig- ten Strom. Neben den Luckes nutzen auch andere Bewohner der Wohnanlage die histori- sche Maschine. Aber auch aus benachbarten Häusern gibt es Nutzer. Wer das Gerät braucht, wendet sich an Alma Heinze. Sie ist fast jeden Montag von 18 bis 19 Uhr im Trockenraum Arthur-Hoffmann-Straße anzutreffen. 9 GUTE UNTERHALTUNG | GUTE NACHBARN | GUTE ZEIT | GUTES LEBEN Connewitzer nehmen ihre Wäsche in die Mangel VLW_umschau_4_2016_161118:Layout 1 23.11.16 08:49 Seite 9 VLW_umschau_4_2016_161118:Layout 123.11.1608:49 Seite 9