20 GUTES LEBEN | GUTE ZEIT | GUTE NACHBARN | GUTE UNTERHALTUNG »In der Guten Stube bei …« Rudolf Horn Herr Horn, Sie haben in Dresden studiert, in Dresden, Berlin und Halle gearbeitet, leben heute in Leipzig. Wo ist Ihre „gute Stube“, wo fühlen Sie sich heimisch? Ich wurde 1929 in Waldheim/Sachsen geboren. dort zu Kriegszeiten inhaftiert war – hat mich, System und Ge gen entwurf zu den bis dahin als ich als 17-Jähriger voller Lampenfieber meine üblichen Garnituren entwickelt hatten, war Zei chen mappe vorlegte, gefragt, „Für wen willst die Flexibilisierung des Wohn raums der Du das alles machen?“ Schon damals wurde mir nächste logische Schritt. Obwohl Wal ter klar, ich entwerfe für Menschen, es muss den Ulbricht auf der Leipziger Messe über mei ne Meine Familie wohnte bis in die fünfziger Jahre Menschen nützen, was ich tue. Bauhaus kannte Möbel gesagt hatte, es sei en keine Möbel, dort, wäh rend ich schon in Dresden und Berlin ich damals gar nicht. Aber ähnlich wie die Ge - son dern nur „Bretter“, be kam ich die Mög - Möb arbeitete. Als ich in Leipzig eine Anstellung im nossenschaften den Ansatz haben, für den lich keit zu einem Experiment. In Rostock bau- Büro für Entwicklung, Messen und Werbung der Mieter bzw. ihr Mitglied preiswerten, sinnvollen ten wir 1970 ein Haus mit 80 Woh nungen Möbel industrie bekam, habe ich darauf gedrun- Wohnraum zu schaffen, habe ich immer für den mit flexiblen Wänden und passbaren Möbel sys - gen, eine Wohnung zu bekommen. Das war gar Nutzer entworfen und nicht für die Industrie. Da te men. Ich war letztens dort, vier der Erstmieter nicht so einfach, alles war ja noch zerstört. gibt es durchaus Parallelen. Als „Linker“ im leben immer noch da. Mit den Jahren und wech- Schließlich wurde mir eine in einem halbzer- Herzen steht mir der Genossenschaftsgedanke selnden Lebensum stän den haben sie ihre Woh - bombten Haus an geboten und ich konnte meine ohne hin nah. Frau nachkommen lassen. Hier wohne ich noch heute, meine Kin der sind hier geboren. Schon dadurch ist Leip zig meine Heimat. Ganz abgese- hen davon, dass mich die Stadt schon damals mit ihrer Welt offenheit und den freundlichen Bewohnern für sich gewonnen hat. Ihre Entwürfe wirken vom Bauhaus inspi- riert, dass seine Hochzeit parallel zum Auf - kommen der Wohnungsgenossenschaften hat te. Korrespondiert der Genos sen schafts - gedanke besonders gut mit Ihrem Prin zip: Offenheit, Nützlichkeit, Einfach heit? Einer meiner Mentoren noch in Waldheim, Bereits in den Siebzigern haben Sie das Wohn - ex pe riment „Variables Wohnen“ an ge regt, bei dem die Raumaufteilung durch die Be - woh ner selbst gestaltet werden konn te. Nach wie vor ein Ansatz, knapper werdenden Wohnraum möglichst effektiv zu nutzen? Meine Klientel war nie der Hausbesitzer, der sich mit viel Geld seinen Wohntraum verwirklicht, sondern immer die Mitte. Denen wollte ich die Möglichkeit geben, ihre Individualität auszule- ben, auch wenn sie „nur“ zur Miete woh nen und das alles unter den Vor zei chen der industriellen Fertigung. Nach dem wir in den sechziger Jah ren Alexan der Neroslow – ein russischer Maler, der das Möbel pro gramm MDW als modulares nung immer wieder verändert, angepasst. Es funktioniert also. Das Problem ist, dass bei so einem Sys tembau alles zusammenpassen muss, also auch die Fuß bö den, die Elektro in stal la tion. Das war damals im großen Maßstab mit der Industrie nicht umsetzbar. Heute wäre es durch- aus denkbar, mit einem großen Vermieter, etwa einer Genossenschaft. „Gestaltung, die sich rekrutieren lässt, in das Heer jener, die solcherart Ansprüche bedienen (…) hilft nicht nur die Müllberge um uns zu vergrößern, sondern trägt dazu bei, dass Gestaltung ihre Be deu tung als eines der so zio kulturellen Regu la ti ve in der Gesellschaft verliert.“ Dieses Zitat stammt